Hinweis: Um die korrekte Darstellung der Seite zu erhalten, müssen Sie beim Drucken die Hintergrundgrafiken erlauben.

Meiningen

Eine stark wachsende Gemeinde durch die Landflucht im 19. Jahrhundert


Im Laufe des 19. Jahrhunderts und im Zuge zunehmender Bürgerrechte für Juden unter preußischem Einfluß verließen immer mehr Thüringer Landjuden ihre Dörfer und suchten in den Städten zu reussieren. In Meiningen wuchs so eine stattliche Gemeinde heran, die im Jahr 1925 an die 500 Mitglieder zählte.


Ab 1871 war die Stadt Sitz des Landesrabbinats Sachsen-Meiningen. Deswegen beauftragte die Gemeinde den Landesbaumeister Ernst Abesser mit dem Bau einer prächtigen steinernen Synagoge. Zu ihrer Einweihung 1883 kamen einmal mehr nicht, wenngleich eingeladen, die protestantischen Würdenträger. Damit erregten sie den Zorn des Reformers und Theaterherzogs Georg II., der die vier Pfarrer daraufhin demonstrativ zu seiner nächsten Feierlichkeit auslud.


Am 9. November 1938 wurde die Synagoge geschändet und geplündert, im Jahr 1939 wurde sie abgerissen. Das Gelände Ecke Mauergasse/Pulverrasen wurde nicht wieder bebaut und ist seit 1988 eine Gedenkstätte. Zu dieser gehört auch eine steinerne Tafel mit dem Grundriß der Synagoge.


Fotografie ©: Jan KobelFotografie ©: Jan Kobel


„Der Herzog hatte die große Hoftafel für sämtliche Minister, Räte, Inspektoren, Direktore der höchsten Lehranstalten, den katholischen Geistlichen und Landrabbiner befohlen – nur die vier protestantischen Geistlichen, wovon der eine Oberkirchenrat, der andere, sein Bruder, Hofprediger ist, durften „fern von Madrid“ über die Aufnahme nachdenken, die ihr Verhalten an höchster Stelle gefunden.“ Allgemeinen Zeitung des Judentums vom 8. Mai 1883


Das Zitat stammt aus Schillers Don Karlos. König Philipp verbannt die Marquise von Mondekar vom Hof, weil sie ihre Aufgabe als Hofdame nicht so erfüllt hat, wie er es von ihr erwartete: »Deswegen/Vergönn ich Ihnen zehen Jahre Zeit,/ Fern von Madrid darüber nachzudenken.«