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Gera

Das Hotel Kronprinz vor seiner Zerstörung

Über den Verbleib der Wertsachen herrschte Stillschweigen


Auch Gera gehörte zu den Thüringer Städten mit einer starken jüdischen Gemeinde noch am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es gab mehrere Synagogen – eine üppig ausgestattete in einem Flügel des Hotel Kronprinz – und weitere für orthodoxe Gemeinschaften, darunter eine in der Hospitalstr. 4, heute Karl-Liebknecht-Straße, sowie eine Schule. Der Geraer Werner Simsohn (1927 2001) hat in seiner dreibändigen Geschichte der Juden in Gera berichGera tet, dass die Schändungen der jüdischen Einrichtungen nicht nur mit Zerstörung und Verbrennung, sondern auch mit Raub einhergingen. Alles von Wert wurde von plündernden Bürgern entwendet.


Das Hotel Kronprinz überlebte die Pogromnacht, wurde jedoch Opfer der Fliegerbomben, die Ruine nach dem Krieg abgerissen. Nachdem das Quartier zu DDR-Zeiten komplett überbaut wurde, findet sich heute keine Spur mehr davon. 



Fotografie ©: Jan KobelFotografie ©: Jan Kobel


„Nicht der Vernichtung zugeführt wurden übrigens die in der Synagoge befindlichen Wertsachen. Über ihren Verbleib herrschte jedoch Stillschweigen; sie sind vermutlich Objekte der Bereicherung seitens der diese Aktionen kommandierenden Naziführer geworden. Die Leuchter, Kelche, wertvolle gestickte Decken, andere Kultgegenstände verschwanden spurlos.“
Werner Simsohn, Geschichte der Juden in Gera


Das Hotel Kronprinz nach seiner Zerstörung, auf der SW-Fotografie ganz links im Bild.
Rossplatz bzw. Platz der Republik, heute nicht wiederzuerkennen. Wie überall in Deutschland waren die Kriegsschäden nicht Anlaß für einen Wiederaufbau, sondern für eine „moderne“ Strukturierung der Stadt. 

Synagoge

Gleichgültigkeit, Verwahrlosung, Abriss, Vergessen


Ähnlich dem Hotel Kronprinz hatte auch die Gebäudehülle der orthodoxen Synagoge die Novemberpogrome überlebt – und steht doch nicht mehr. Was im einen Fall der Krieg und der moderne Städtebau erledigten, dauerte im Falle der Synagoge in der Hospizstraße 4 (heute Karl-Liebknecht-Straße) bis in die Nachwendezeit. 1999 wurde das verwahrloste Gebäude im Hinterhof abgerissen. Nichts weist auf die Geschichte dieser Liegenschaft hin, außer einem Stolperstein. Er ist Egon Wolfgang Barasz gewidmet, der 1942 in Bergen-Belsen ermordet wurde. Er wurde 16 Jahre alt.


Im Hinterhof der Hospitalstraße 4 verfiel die ehemalige Synagoge einer orthodoxen Geraer Gemeinde bis ins Jahr 1999


Fotografie ©: Jan KobelFotografie ©: Jan Kobel


Geras Juden leisteten einen großen Beitrag zur Entwicklung der Stadt. Berühmtestes Beispiel ist der Warenhauskonzern Herrmann Tietz, der hier 1911 gegründet wurde. Das Unternehmen wurde 1935/1936 seinen Eigentümern entrissen und von den Nazis zu HERTIE umbenannt. Die Geschichte dieses Raubzugs wurde unter den neuen Eigentümern Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank sowie dem Unternehmer Georg Karg bis in die Gegenwart erfolgreich fortgesetzt und ist bis heute nicht wissenschaftlich aufgearbeitet.


„Die Wahrung unsere Menschenwürde im Kampf gegen Hass, Niedrigkeit und Verleumdung ist uns allein überlassen, den Schutz unserer verbrieften Bürgerrechte erwarten wir von Ihnen, Herr Minister.“ Beschwerde der thüringischen Israelitischen Religionsgemeinschaft von 1930 an den Reichsminister des Innern, Joseph Wirth, über den Thüringer Innenminister, NSDAPParteigenossen und späteren Innenminister der Nationalsozialisten, Wilhelm Frick. Frick hatte den Juden die Fähigkeit der „Einordnung in das Wohl der Gesellschaft“ abgesprochen.