Klang der Stolpersteine
Der „Klang der Stolpersteine“ ist eine politisch-künstlerische Aktion Jenaer Bürger, zwar initiiert und koordiniert von Klaus Wegener, Prof. Gerhard Paulus und Till Noack, jedoch getragen von über 400 Künstlerinnen und Künstlern aus Jena und Umgebung und fast 100 weiteren HelferInnen. Es ist ein Klang-Denkmal.
Am 9. November, dem Tag der Reichspogromnacht 1938, finden seit 2017 an vielen Orten der Stadt Kurzkonzerte und kleine Performances statt. Zu einer vereinbarten Zeit singen und spielen alle KünstlerInnen, ZuhörerInnen, PassantInnen, HelferInnen an ihren jeweiligen Orten, über die ganze Stadt verteilt, das gleiche Lied. Es ist „Dos Kelbl“, ein Lied aus dem Jahr 1940 oder 41 in jiddischer Sprache. Es handelt von Leid und Freiheitssehnsucht.
Seit über 30 Jahren, schon seit vor der Wende, findet am 9.11. am Westbahnhof eine Gedenkveranstaltung statt. Zu dieser Gedenkveranstaltung (organisiert vom Jenaer Arbeitskreis Judentum und der Stadt Jena) ziehen danach die KünstlerInnen, HelferInnen, PassantInnen etc. und singen im Verlauf dieser dann noch einmal GEMEINSAM ihr Lied.
Es sind MusikerInnen aller Stilrichtungen dabei, Chöre, Blasorchester, Sängerinnen und Sänger, Jazz-, Pop- und Punkbands, Philhamoniker. Darüber hinaus auch Theatergruppen und Schulklassen. Sie alle einen die drei Ziele der Aktion: Sich zu verneigen vor den Opfern des Nazi-Terrors, ein aktuelles politisches Statement für Menschenrechte, Respekt und Toleranz zu geben und – last but not least – die Stadt wenigstens für diesen besonderen Tag unzugänglich zu machen für Aufmärsche der Ewiggestrigen.
Die Orte wurden mit Sorgfalt gewählt. Da sind zum einen die Orte an denen Stolpersteine an Mitbürger erinnern, die während der Nazizeit ermordet oder in den Tod getrieben wurden. Aber auch am Denkmal für die Geschwister Scholl, an den Tafeln zur Erinnerung an den Todesmarsch aus dem KZ Buchenwald und an anderen Orten, die mit der Geschichte von Opfern des Nazi-Regimes verbunden sind, erklingt an diesem Abend Musik oder sind Aufführungen zu erleben. Seit 2020 gehört auch der Enver-Simsek-Platz dazu. In Erinnerung an das erste Mordopfer des NSU.
Anknüpfend an die lange Tradition bürgerlichen Engagements gegen Unterdrückung und Hass in Jena wollen die Akteure mit den friedlichsten Mitteln dem Wiedererstarken der Barbarei entgegengetreten: dem Gesang, der Musik, der Kunst.