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Die Geschichte der Juden in Arnstadt

Die Geschichte der Juden ist die Geschichte einer verfolgten konfessionellen und ethnischen Minderheit. Zeiten der Duldung folgten Zeiten der Gewalt und Vertreibung. Das 19. Jahrhundert, beherrscht von den Grundsätzen der Aufklärung und der französischen Revolution, brachte einen wesentlichen Rückgang des Antijudaismus. Der parallel einsetzende Nationalismus jedoch begründete gegenläufig mit seinen völkischen und rassistischen Ideologien zugleich den modernen Antisemitismus.  

Liberté, Égalité, Fraternité
Die Ideen und Rechtsgrundsätze der Französischen Revolution führten von Frankreich aus für alle Juden zunehmend zu den gleichen Rechten, wie für alle anderen Deutschen auch. Erst in Teilen Deutschlands und ab 1869/70 im ganzen Kaiserreich. Die jahrhundertelange Willkür hat ein Ende und weicht einer verbürgten Sicherheit. Jüdische Gemeinden suchen die Sichtbarkeit. Jüdische Mitbürger*innen werden gleichberechtigter Teil des jungen deutschen Nationalstaats. Ihr nicht mehr angefochtener Glaube war Teil der gewährten Religionsfreiheit. Nicht wenige Juden und Jüdinnen entschieden sich trotzdem zu einem Glaubenswechsel, die meisten wählten den Protestantismus, darunter die Familie von Felix Mendelssohn Bartholdy oder Heinrich Heine. Es sollte ihnen und anderen jedoch keinen Schutz gegen Anfeindung und Antisemitismus bieten. Auch die Arnstädter Eheleute Eugenie und Siegmund Hirschmann konvertierten. Ihr Sohn Walter gab dementsprechend bei seiner Einlieferung in Buchenwald unter Konfession „evangelisch“ an, dieses wurde auf der Karteikarte durchgestrichen und durch „Jude“ ersetzt. „Rassenlehre“ und „Arier“-Gesetze der Nationalsozialisten definierten, wer als Jude galt.  

Jüdisches Leben in Arnstadt
Für Arnstadt liegt die erste Erwähnung jüdischer Einwohner*innen für das Jahr 1264 vor: Im Rahmen einer Judenverfolgung sind fünf Männer ermordet wurden: Joseph und Kascher, Söhne des Jechiel b. Chakim, David ha-Kohen aus Mainz; der Knabe Elieser, Sohn Simons des Franzosen und der Gelehrte Schabbetai, Sohn Samuels. Die ersten Synagogen in Deutschland lassen sich für 1012 in Köln, 1034 in Worms und 1066 in Trier nachweisen. Die Alte Synagoge im benachbarten Erfurt geht auf das Jahr 1094 zurück und ist – weil sie 1938 schon seit Jahrzehnten nicht mehr als Synagoge genutzt wurde – die älteste erhaltene Synagoge Europas.  

Handel und Kreditgeschäft
Im frühen Mittelalter gab es jüdische Ackerbürger und Handwerker, diese waren allerdings den christlichen Zünften ausgeschlossen. Ein späterer Zunftzwang brachte sie um ihre Existenz. Eine Vielzahl von Juden waren deswegen über Jahrhunderte Kaufleute, die Handel bis in den Mittelmeerraum betrieben. Ab dem 12. Jahrhundert galt für Christen ein Zinsverbot, während Papst Alexander III. den Juden Zinsgeschäfte gestattete. So kam es, dass die Juden, die einzige Gruppe im mittelalterlichen Europa waren, die gewerbsmäßig Geld verleihen durfte.    

Flüchtige Duldung, Pogrome und Vertreibung
1347 erwähnt ein Vertrag zwischen Graf Günter XXI. und den Söhnen seines Bruders eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof in Arnstadt. Zwei Jahre später wurden während eines Pestpogroms fast alle jüdischen Einwohner ermordet. Um 1418 ließen sich erneut Juden in Arnstadt nieder. Im Jahr 1429 wurden 53 jüdische Einwohner gezählt, einer ihrer Wohnorte ein „steynhusz in der Zcymergasse“. 1466 wurden sie erneut verfolgt und vertrieben. Für das 16. und 17. Jahrhundert werden in Chroniken einzelne Juden genannt. 1681, wieder der Beginn einer Pestepedemie, folgte eine weitere Vertreibung und die Zerstörung ihrer Häuser. 

Hoffnung und Niedertracht
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich eine neue jüdischen Gemeinde. Im Jahr 1877 lebten wieder 40 Menschen jüdischen Glaubens in der Stadt. 1883 beantragten 15 Familienvorstände von 65 Familienmitgliedern bei der Landesregierung die Gründung einer jüdischen Gemeinde für Arnstadt. Fünf Jahre später, am 1. Januar 1888 erfolgte dann die offizielle Eintragung der Arnstädter Synagogengemeinde. 1913 lebten 137 jüdische Bürger*innen in der Stadt, und 1921, nach dem ersten Weltkrieg, wurden 145 gezählt. Im Jahr 1933 traf 121 jüdische Mitmenschen die sofort einsetzende Entrechtung in voller Härte.