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Orte:

Gefundene Objekte: 39

Apolda

In Apolda lässt sich im Mittelalter kein jüdisches Leben belegen, erst nach 1850 kam es nachweislich zur Besiedlung erster jüdischer Familien. Ab dem 1. Oktober 1899 schlossen sich die meisten Familien in der Religionsvereinigung „Israelitische Religions-Gemeinschaft zu Apolda“ zusammen. Die Gemeinde verfügte weder über eine Synagoge noch über einen eigenen Friedhof und begrub ihre Mitglieder auf dem jüdischen Friedhof in Erfurt. Als Betsaal wurde ein Raum im Obergeschoss des „Bürgervereins“ genutzt, bis 1925 die Gemeinde in Apolda keinen Bestand mehr zu haben scheint. Obwohl es in Apolda kein organisiertes Gemeindeleben mehr gab, bekannten sich bei einer Volkszählung 1933 mind. 80 Personen jüdischen Glaubens. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Häuser und Geschäfte zerstört, jüdische Geschäfte arisiert und die jüdischen Bewohner/-Innen ab Mai 1942 deportiert. Als weiteres Zeugnis jüdischen Lebens in Apolda gilt das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus von Bernhard Prager, sowie die Bernhard-Prager-Straße, die namentlich an den im KZ Theresienstadt ermordeten Geschäftsmann erinnern. Von 2008 bis 2015 wurden 55 Stolpersteine in Apolda zur Erinnerung an die Opfer der NS-Gewalt verlegt.

Arnstadt

Die ersten Belege zu jüdischem Leben in Arnstadt lassen sich auf das Jahr 1264 datieren, in dem es zur Verfolgung und Ermordung von fünf Juden kam. Über die ersten Aufenthalte von jüdischen Kaufleuen und Händlern wird erstmal im Jahre 1273 berichtet. Weitere Erwähnungen finden sich urkundlich 1412 erstmalig für eine Erhebung Joden- oder Judenberg. Auch im Pest-Pogrom 1349 wurden fast alle in Arnstadt lebende Jüdinnen und Juden ermordet. Die Überlebenden, die sich nach Arnstadt nannten, gründeten darauf die jüdische Gemeinde in Erfurt. Im 15. Jahrhundert sind erneut Ansiedlungen von Jüdinnen und Juden erwähnt, eine Synagoge sowie ein Friedhof sind urkundlich belegt. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu Vertreibung und Duldung der jüdischen Bewohner und Bewohnerinnen in Arnstadt. Erst im 19. Jahrhundert kam es zu einer gesicherten Ansiedlung von Jüdinnen und Juden, die offizielle Gründung einer Kultusgemeinde folgte im Jahr 1888. Die Gottesdienste wurden zuerst im Hause des Kaufmannes Julius Jonas in der Ritterstraße 7 abgehalten. Durch das Wachsen der Gemeinde, wurde eine neue Synagoge in der Krappgartenstraße erbaut, die 1913 durch den Meininger Rabbiner Fränkel eingeweiht wurde. Im Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von den Nationalsozialisten niedergebrannt und später dem Erdboden gleichgemacht. Einigen Arnstädter Jüdinnen und Juden gelang bis 1940 die Emigration. Die verbliebene jüdische Gemeinde in Arnstadt wurde durch die Deportationen von 1942 bis 1944 ausgelöscht. Heute erinnert eine Gedenktafel unweit der ehemaligen Synagoge, anlässlich des 50. Jahrestag des Novemberpogromserrichtet, an die Arnstädter Jüdinnen und Juden. Mittlerweile erinnern auch ca. 160 Stolpersteine an die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten.

Aschenhausen

Die erste Ansiedlung jüdischer Familien erfolgte im Jahr 1695, als Freiherr Raab von Spesshart die Niederlassung auf seinen Besitzungen erlaubte, Wohnrecht verlieh und Land verkaufte. Es bildete sich eine jüdische Gemeinde mit Betsaal, Friedhof und Mikwe heraus. 1848 erreichte die jüdische Gemeinde mit 50 Familien ihre grösste Mitgliederzahl, danach setzte eine Abwanderung in die Städte und nach Übersee ein. Mit der Deportation der letzten jüdischen Bewohner und Bewohnerinnen Aschenhausens 1943 hörte die Existenz der jüdischen Gemeinde auf. Lediglich der Friedhof und die Synagoge haben die Zeit überdauert. 

Bad Frankenhausen

Den Chroniken der Stadt Bad Frankenhausen zufolge, siedelten, bis zu ihrer Vertreibung aus der Stadt 1349, Juden in der Neustadt in der Gasse hinter der Oberkirche. Eine hier befindliche Gasse wurde noch bis ins 19. Jahrhundert Judengasse genannt. Jahrhundertelang wurde es den Juden verwehrt sich in Frankenhausen, das zur Herrschaft des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen gehörte, erneut langfristig anzusiedeln. Ausschließlich bei Zahlung eines „Leibzolls“ wurde ihnen ein kurzer Aufenthalt gewährt.  Während der Befreiungskriege gegen Napoleon 1813–1815 hielt sich ein Jude, Salomo Schoenland, in Frankenhausen auf, der der Stadt als Dolmetscher im Russischen und Polnischen zur Verfügung stand. Ihm und seiner Familie wurde zum Dank das Bürgerrecht verliehen. Sie waren damit auch die einzigen Juden mit Bürgerrechten bis 1845. Als ab 1815 mehr Freizügigkeit für Juden innerhalb des Fürstentums herrschte, zogen auf dem Lande ansässige Juden, insbesondere aus Immenrode bei Sondershausen, nach Frankenhausen. 1834 lebten mehrere jüdische Familien in der Stadt und bemühten sich um die Gewährung von Bürgerrechten und dem Bau einer Synagoge. Ihnen wurde jedoch nur die Miete eines Raumes zur Abhaltung ihrer Gottesdienste erlaubt. Das Gebäude in dem sich diese Betstube befand, existiert auch heute noch in der Bornstraße 63. 1916 bestand die jüdische Gemeinde nur noch aus 16 Mitgliedern und war im Begriff sich aufzulösen.

Barchfeld

Wann genau sich Juden und Jüdinnen in Barchfeld ansiedelten, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Die erste Erwähnung jüdischen Lebens findet sich 1566 in einer Urkunde des Grafen Georg Ernst von Henneberg, in der er die Herren von Boyneburg aufforderte, die in Barchfeld lebenden Juden und Jüdinnen wegen angeblichen Wuchers auszuweisen. Nicht berichtet wird, ob die jüdische Bevölkerung tatsächlich des Ortes verwiesen wurden. Im Jahre 1686 legte die jüdische Gemeinde einen Begräbnisplatz an. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Anzahl jüdischer Gemeindemitglieder in Barchfeld zu. Mit 240 Mitgliedern im Jahr 1887 hatte die Gemeinde ihren Höchststand erreicht, danach wanderten viele in die größeren Städte oder nach Amerika aus. 1932 lebten nur noch 63 Juden und Jüdinnen in Barchfeld. Die letzten jüdischen Bewohner Barchfelds wurden Anfang der 1940er Jahre deportiert, die Synagoge fiel der Pogromnacht zum Opfer.

Bauerbach

Über den genauen Zeitpunkt der Ansiedlungen von Juden und Jüdinnen gibt es keine konkreten Hinweise. Unter dem Freiherrn von Wolzogen bestand 1710 eine jüdische Gemeinde in Bauerbach. Ausgangspunkt der Besiedlung war das Herrenhaus des Ritterguts und seine Umgebung, die „Judenbau“ genannt wurde. Um 1700 sollen in Bauerbach 28 jüdische Familien mit insgesamt 118 Personen gelebt haben. Im Jahr 1806 fiel Bauerbach dem Herzogtum Sachsen-Meiningen zu, zu dessen Zweck 1811 Angaben zur jüdischen Bevölkerung gemacht wurden. Dieser Liste zufolge waren einige Juden als Viehhändler, Vermittler und Hausierer tätig. Bei einer Volkszählung 1833 machten die Juden und Jüdinnen mit 338 Personen etwa einen Drittel der Bevölkerung aus. 1826 liess die jüdische Gemeinde die erste Synagoge erbauen und 1835 ein Schulhaus mit Mikwe errichten. Nach der Gewährung der völligen Freizügigkeit 1868 kam es zu einer größeren Abwanderung in die naheliegenden Städte. 1930 lebten nur noch neun Personen jüdischen Glaubens in Bauerbach, von denen die beiden letzten 1942 deportiert wurden.

Berkach

Die erste Aufzeichnung zu jüdischer Besiedelung in Berkach ist auf 1625 datiert, nach Angaben der Kirchenchronik sollen sich um 1700 erste jüdische Familien im Dorf niedergelassen haben. Ihre Ansässigkeit war an die Schutzgeldzahlung an den Freiherren von Stein, Bischof von Würzburg und den Herzog von Sachsen-Hildburghausen gebunden. Der Grossteil der jüdischen Gemeinde lebte auf dem Gelände des Steinschen Gutshofes, wo 1687 und 1700 auch jüdische Gottesdienste bezeugt sind. 1748 zahlte die Gemeinde dem Freiherrn von Stein Hauszins für eine jüdische Schule. 1762 wurde die erste Synagoge in Berkach erbaut, die beinahe 100 Jahre in Benutzung war, bis 1854 der Neubau von Synagoge und Schule feierlich eingeweiht wurde. Um die Jahrhundertwende kam es zu Aus- und Abwanderungswellen aus Berkach, wodurch die Anzahl jüdischer Bewohner deutlich reduziert wurde. So waren zu Beginn des Nationalsozialismus nur wenige jüdische Familien in Berkach ansässig. Die verbliebenen Juden wurden bis 1942 ins KZ Buchenwald deportiert und ermordet. Synagoge, Schule, Mikwe und Friedhof blieben weitgehend vor Brandstiftung und Zerstörung verschont – als einzige jüdische Bauwerke im Freistaat Thüringen. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wurde die Synagoge in der Mühlfelder Straße 1991 feierlich eingeweiht. Sie dient heute sowohl aus Gotteshaus sowie als Begegnungsort und gilt seit 1993 als Kulturdenkmal.

Bleicherode

Die in Bleicherode seit dem Ende des 13. Jahrhunderts angesiedelten Jüdinnen und Juden blieben von den Pestpogromen 1349 verschont, ebenso von den Ausweisungsaktionen Mitte des 16. Jahrhunderts. 1594 wurden sechs jüdische Familie gegen den Entscheid des Landesherren auf Betreiben der Bleicheröder Bürger aus der Stadt verwiesen. Erst um 1700 kehrten wieder vereinzelt Jüdinnen und Juden nach Bleicherode zurück. Zu einer massiven Zuwanderung kam es in den Jahren 1725-29, da die Textilindustrie in Bleicherode aufblühte, woran die jüdische Bevölkerung maßgeblich beteiligt war. Auch im 19. Jahrhundert, mit der beginnenden Industrialisierung, nahm die jüdische Gemeinde zu. Bereits 1799 hatten die jüdischen Einwohner das Bürgerrecht erlangt und 1806/07 waren unter französischer Besatzung alle Restriktionen gegen die jüdische Bevölkerung aufgehoben worden. Ein Jahrhundert konnte sich eine starke jüdische Gemeinde in Bleicherode herausbilden. Um 1900 lebten 147 Personen jüdischen Glaubens in Bleicherode. Das nationalsozialistische Regime beendete mit der Deportation der Bleicheröder Jüdinnen und Juden 1943/44 die lange Geschichte jüdischen Lebens in Bleicherode. Heute erinnern nur noch der jüdische Friedhof, ein Gedenkstein und eine Gedenktafel an die dortige jüdische Gemeinde.

Dreißigacker

Über die jüdische Besiedelung von Dreißigacker ist wenig bekannt, vermutlich ließen sich erst seit dem 17. Jahrhundert Juden und Jüdinnen nieder. Im Jahr 1735 soll erstmals ein Jude einen Schutzbrief zur Niederlassung in Dreißigacker erhalten haben. 1833 wurden 56 Juden und Jüdinnen gezählt, die über einen Friedhof, eine Schule und eine Synagoge verfügten. Bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts löste sich die jüdische Gemeinde in Dreißigacker auf, da ihre Mitglieder nach Amerika oder in die nächstgelegenen Städte auswanderten. An ihre Existenz erinnert heute noch der jüdische Friedhof am östlichen Ortsrand. 

Eisenach (Stadt)

In Eisenach haben sich bereits sehr früh jüdische Kaufleute angesiedelt, erstmalig werden sie zu Beginn des 13. Jahrhunderts erwähnt. Im Mittelalter wohnte die jüdische Bevölkerung vorwiegend in der Nähe des Marktplatzes und entlang der Haupthandelsstraße, die in der Folgezeit bis 1825 den Nahmen Judengasse trug. Nach einem Brand 1343, bei dem die Judengasse zerstört wurde, stellte der Stadtrat den jüdischen Kaufleuten neue Quartiere und das Grundstück für den Bau einer Synagoge in der Löbergasse zur Verfügung. Während der Pestpogrome 1349 wurden die Juden und Jüdinnen Eisenachs vertrieben, verfolgt und getötet, wie in vielen deutschen Städten. Nach kurzer Rückkehr und erneuter Vertreibung 1458 gab es rund 300 Jahre keine jüdische Gemeinde in Eisenach. Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Juden und Jüdinnen der Aufenthalt gegen eine Bezahlung von jährlich 50 Talern in Eisenach gestattet. Nach der Aufhebung des Leibzolls 1811 und nach der weitgehenden rechtlichen Gleichstellung aller Juden im Herzogtum Sachsen-Eisenach im Jahr 1850 nahm die jüdische Zuwanderung nach Eisenach stetig zu. 1867 gründeten die 16 in Eisenach lebenden Familien eine jüdische Gemeinde. Ihre Gottesdienste hielten sie zuerst in Privatwohnungen und ab 1885 in der neuerrichteten Synagoge in der Wörthstraße ab. Um 1900 lebten in Eisenach rund 400 Juden und Jüdinnen, von denen die letzten 1944 in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten deportiert wurden.

Ellrich

Erstmals wird die Anwesenheit von Juden und Jüdinnen in der Kleinstadt Ellrich gegen Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt. Besonders ab dem 18. Jahrhundert nahm die Anzahl der jüdischen Bevölkerung zu und zählte bis 1840 146 Juden und Jüdinnen in der Stadt, die sich vornehmlich in der Jüdenstraße in der Vorstadt Ellrichs ansiedelten. Ab 1730 befand sich dort auch die Synagoge der jüdischen Gemeinde Ellrichs, sowie das Wohngebiet zwischen „Zwischen den Toren“ und dem Nicolaiplatz, das heute nicht mehr existiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Abwanderung der jüdischen Gemeinde in die nächstgrößeren Städte oder nach Amerika, so lebten um 1900 nur noch 32 Personen jüdischen Glaubens in Ellrich. Die letzten jüdischen Bewohner und Bewohnerinnen fielen der Gewalt und Vernichtung der Nationalsozialisten zum Opfer.

Erfurt

Die ersten Zeugnisse jüdischen Lebens in Erfurt lassen sich mit dem Bau der ersten nachgewiesenen Synagoge im späten 11. Jahrhundert nachvollziehen. Die mittelalterlichen jüdischen Wohnviertel lagen unmittelbar im Stadtzentrum, zwischen Rathaus, Krämerbrücke und Michaeliskirche. In unmittelbarer Nähe befand sich auch eine Mikwe, der Friedhof der Gemeinde lag am Moritztor. Die europäische Judenverfolgung erreichte im März 1349 auch Erfurt: Die jüdische Gemeinde Erfurts wurde in jenem Pogrom vollständig ausgelöscht, etwa 900 Menschen starben. Die alte Synagoge wurde als Lagerhaus umgenutzt. Ab 1354 liessen sich erneut Juden und Jüdinnen in Erfurt nieder, keine 100 Jahre später verschärfte sich die antisemitische Stimmung. Der städtische Rat kündigte den Judenschutz auf und zwang die jüdische Gemeinde zur Abwanderung. Die jüdischen Wohnhäuser wurden verkauft, die Synagoge zum Zeughaus umgebaut und der Friedhof eingeebnet. Im 18. Jahrhundert siedelten sich erstmals wieder jüdische Menschen in der Stadt Erfurt an. Gegen Zahlung eines Leibzolls erhielten sie ein kurzzeitiges Aufenthaltsrecht. Erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich eine bedeutende jüdische Gemeinde. Der Friedhof befand sich zunächst an der heutigen Cyriakstraße, später wurde aus Platzmangel der Neue Friedhof angelegt, der noch heute der Gemeinde als Begräbnisplatz dient. Als Bethaus wurde erst ein privates Wohnhaus an der Stadtmünze benutzt, das 1840 durch eine neue Synagoge an derselben Stelle ersetzt wurde. Als auch diese Synagoge zu klein wurde, wurde eine grosse Synagoge 1884 am Kartäuserring (heute: Juri-Gagarin-Ring) erbaut. In der Pogromnacht 1938 wurde die Erfurter Synagoge geplündert und niedergebrannt. Wohnungen, Gewerbe und Friedhöfe wurden verwüstet. Die Turnhalle der Oberrealschule, Meyfartstraße, diente in jener Nacht als Sammelpunkt für annähernd 200 Männer, die in das KZ Buchenwald verschleppt wurden. Am 6. April 1939 gingen sämtliche Grundstücke der ehemaligen Synagogengemeinde in das Eigentum der Stadt Erfurt über. Nur wenige Juden und Jüdinnen überlebten das Dritte Reich und kehrten 1945 aus dem KZ Theresienstadt nach Erfurt zurück. Max Cars, ein Überlebender aus dem KZ Theresienstadt, stand 1945 bis 1961 der wieder gegründeten jüdischen Gemeinde vor. Die Gemeinde erhielt das Gelände der ehemaligen grossen Synagoge zurück und erbaute an derselben Stelle eine neue Synagoge. Zu der Zeit verliessen etwa zwei Drittel aller in der DDR lebenden Juden ihre Heimat, in Thüringen überdauerte lediglich die Gemeinde Erfurt die Abwanderung. Seit 1990 verzeichnet die Erfurter Gemeinde einen Zuzug an Mitgliedern, hauptsächlich aus den Staaten der ehemaligen UdSSR. Heute zählt die Jüdische Landesgemeinde Thüringen ca. 800 Mitglieder, darunter 500, die in Erfurt leben.

Gehaus

Es ist nicht genau bekannt, wann sich die ersten Juden in Gehaus ansiedelten. In den städtischen Chroniken steht geschrieben, dass sie von den Freiherren von Boyneburg Ende des 16. Jahrhunderts, gegen Zahlung eines Schutzgeldes, einen Wohnplatz zugewiesen bekommen haben sollen. Die Freiherren versprachen sich die Verbesserung ihrer finanziell angespannten Lage durch die Anwesenheit jüdischer Kaufleute, die den Handel vor Ort beleben und ihnen höhere Einnahmen sichern sollten. Bis 1730 waren es nie mehr als acht Familien. Aus diesen Familien entwickelte sich eine jüdische Synagogengemeinde, die um die Jahrhundertwende in eine Israelitische Kultusgemeinde umgewandelt wurde und bis 1938 bestand. 1826 gehörten ihnen 64 Familien mit 248 Mitgliedern an, fast ein Drittel der örtlichen Gesamtbevölkerung. Im Jahrhundert bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten, nahm die Zahl der Juden stetig ab. Die Gemeinde wurde mit der Deportation der letzten Mitglieder gänzlich ausgelöscht. 

Geisa

Geisa wird erstmals im Jahre 1450 als Herkunftsort eines in Hildesheim wohnhaften Juden erwähnt. Da es in den umliegenden Gemeinden Belege über jüdisches Leben gibt, geht man davon aus, dass es in Geisa auch weitere Juden gab. Die ersten tatsächlichen Belege über ortsansässige Juden stammen aus dem Jahr 1550. In den folgenden Jahrhunderten finden sie jedoch keine Erwähnung mehr. Erst im 18. Jahrhundert gibt es wieder Nachweise die von Juden in Geisa berichten. Ihre Zahl nahm ab dem Zeitpunkt der Aufhebung der Restriktionen, die die Juden betrafen, zu. Im Jahr 1861 lebten insgesamt 180 Juden in Geisa, etwa elf Prozent der Gesamtbevölkerung die damit ihren Höchststand erreicht hatte. In den folgenden Jahrzehnten verringerte sich die Zahl der Juden durch Abwanderung erheblich. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge Geisa zerstört und 1940 abgerissen. 1938 zählte man noch 37 Juden – 1942 nur noch 22. Ende 1942 wurden die letzten noch in Geisa lebenden Juden in Vernichtungslager deportiert. Die Kultusgemeinde wurde ausgelöscht.

Gera

Einzelne Juden sind in Gera um 1500 belegt, 1502 wird eine Synagoge genannt; doch vermutlich haben bereits im 14. Jahrhundert einige jüdische Familien in Gera gelebt. Jüdische Zuwanderer hatten seit 1867 die Möglichkeit, das Heimat- und Bürgerrecht in Gera zu erwerben. Nach dem Pestpogrom, das auch Juden aus Gera traf, sind Juden erst wieder seit 1478 in der Stadt nachweisbar. Sie bewohnten die „Jüdengasse“, die zwischen Markt und Kornmarkt lag. Eine „Judenschule“ ist erstmals 1502 bezeugt. Ihren ersten Betsaal errichteten die Juden Geras in einem Saal eines Lokals in der Leipziger Straße. Danach verlegten sie diesen in einen Anbau des „Hotel Kronprinz“ (Schülerstraße/Am Rossplatz). Im Jahre 1885 bildeten die Geraer Juden eine sog. „freie Vereinigung“, wie es in ihrem Gründungsstatut hieß. Der Zuzug polnischer Juden gegen Ende des Ersten Weltkrieges vergrößerte den jüdischen Bevölkerungsanteil in Gera deutlich. Allerdings bestanden zwischen den einheimischen und den zugewanderten „Ostjuden“ kaum Kontakte. Die orthodoxen Juden besaßen in der Hospitalstraße einen eigenen Betraum.  Einen eigenen Friedhof haben die Geraer Juden nicht besessen. Verstorbene wurden entweder auf jüdischen Friedhöfen der Region oder auf kommunalen Begräbnisstätten beerdigt. In den 1920er Jahren war die mehr als 500 Angehörige zählende Judenschaft in Gera die zahlenmäßig zweitstärkste Thüringens (nach Erfurt). Die jüdischen Mitbürger leisteten einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Stadt. Die Familien Biermann, Jankelowitz und Tietz gründeten Kaufhäuser in Gera. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Geschichte des großen Warenhauskonzerns Hermann Tietz, später HERTIE, zu nennen, die in Gera begann. Aus dem 1878 vom jüdischen Kaufmann Max Biermann gegründeten kleinen Textilhaus entwickelte sich in den Folgejahrzehnten das größte Geschäftshaus in Gera; zeitweilig war es das umsatzstärkste Thüringens. Ende der 1920er Jahre beschäftigte das Unternehmen ca. 200 kaufmännische Angestellte, 120 Näherinnen und zudem Heimarbeiterinnen. 1938 wurde das Kaufhaus „arisiert“ und ging in den Besitz der Firma Braun & Co über. Die Namen Schalscha, Cohn und Halpert sind mit der Chromleder-, Damenmäntel- und Teppichfabrikation verbunden. Durch ein schöpferisches Miteinander schienen die jahrhundertelange Unterdrückung und das Leiden des jüdischen Volkes zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Vergangenheit anzugehören. Jedoch folgte dieser Zeit des Aufbruchs das dunkle Kapitel des Nationalsozialismus, bei dem die jüdische Bevölkerung auch in Gera verfolgt, deportiert und vernichtet wurde. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Synagogen im Hotel „Kronprinz“ und in der Hospitalstraße durch NS-Anhänger geschändet, die Einrichtungs- und Kultgegenstände wurden verbrannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude des Hotel Kronprinz (mit dem Betsaal im Hintergebäude) zerstört. Gera hat 212 Opfer des Holocaust zu beklagen. Am ehemaligen Standort des „Hotel Kronprinz“ (Hauptbahnhof) erinnert eine Sandsteinplastik des Bildhauers Wieland Schmiedel an den einstigen Synagogenraum; auf davor liegenden Steinplatten sind Inschriften eingemeißelt: Die Pogromnacht des 9.November 1938 brachte Zerstörung unendliches Leid und Tod  über unsere jüdischen Mitbürger. Sechs Millionen Juden wurden von 1933 bis 1945 Opfer des deutschen Faschismus. Die Geschichte und das Leiden der jüdischen Bevölkerung aus Gera hat Werner Simsohn, selbst betroffener des Naziterrors gegen die Juden in Gera, in der dreibändigen Bücherreihe „Juden in Gera“ aufgeschrieben. In jahrzehntelangen, mühevollen Recherchen erstellte er diese Dokumentation. Dafür wurde er 1998 zum Ehrenbürger von Gera ernannt.

Gleicherwiesen

Die jüdische Geschichte von Gleicherwiesen beginnt im Jahr 1680. Das reichsritterliche Dorf im Besitz der Herren/Freiherren von Bibra hatte insgesamt vier jüdische Familien. Sie hatten vom Dorfherren von Bibra Schutzbriefe erhalten und durften deswegen in Gleicherwiesen siedeln. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, wuchs ihre Zahl auf insgesamt 139 Personen in 26 Familien an. Im Jahre 1875 war vermutlich der Höchststand mit 233 Personen erreicht und machten damit nahezu die Hälfte der Gesamtbevölkerung Gleicherwiesens aus. Bis 1933 waren von der großen Kultusgemeinde nur noch 26 Personen übrig, die bis 1942 in Vernichtungslager abtransportiert worden sind. Im Jahr 1787 wurde eine Synagoge errichtet und im Jahre 1817 durch einen Anbau vergrößert. 1836 wurde eine neue Mikwe errichtet. 1864 wurde die Synagoge durch einen Neubau ersetzt, der 1900 einem dritten Bau weichen musste. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge geschändet und verbrannt.

Gotha

Die Geschichte der Juden in Gotha beginnt im 13. Jahrhundert. Es wird urkundlich erwähnt, dass sich in der Nähe der Augustinerkirche ein Judenbad und eine Judengasse befunden haben. 1418 lebten in der Stadt zehn steuerpflichtige Juden (Familienoberhäupter), insgesamt 98 Personen. 1465 kam es zu der Vertreibung der Gothaer Juden. In den Jahrhunderten nach der Vertreibung war es Juden untersagt in Gotha zu siedeln. Erst seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurden „Hof- und Schutzjuden“ mit einer zeitlich begrenzten Aufenthaltserlaubnis ausgestattet, jedoch unter Einschränkungen des persönlichen und religiösen Lebens. Erst 1852 erfolgte die Gleichstellung der Juden im Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha, wodurch die Zahl der Juden stetig zunahm. Im Jahr 1900 lebten 296 Juden in Gotha. Im Jahr 1866 bildete sich aus sechs Familien eine jüdische Gemeinde, die ihre Gottesdienst in privaten Räumlichkeiten abhielt. 1904 wurde die Synagoge fertiggestellt, da die privaten Beträume zu klein für die anwachsende Gemeinde wurde. 1933 gab es 494 jüdische Bewohner. In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge geschändet und in Brand gesetzt. In den darauffolgenden Jahren wurde das Gebäude abgebrochen. Die knapp 500 Juden emigrierten oder fielen der nationalsozialistischen Rassenpolitik zum Opfer. Die Existenz der jüdischen Gemeinde endete 1943/44.  

Heilbad Heiligenstadt

Erste Hinweise für Juden in Heilbad Heiligenstadt stammen aus dem 13. Jahrhundert. Der Hinweis von 1212 ist jedoch nicht konkret belegbar und so stammt der erste sichere Hinweis auf eine jüdische Gemeinde aus dem Jahr 1335. Während der Pestpogrome wurde die Mehrzahl von Juden in Heiligenstadt ermordet. 1496 wird ein „Juddenhov“ erwähnt. Daraus lässt sich schließen, dass zu diesem Zeitpunkt jüdische Familien in Heiligenstadt lebten. Das Wohngebiet wurde 1739 durch einen Stadtbrand zerstört. Im Jahr 1803 lebten in Heiligenstadt sechs Juden. 1818 waren es bereits 52, da Heiligenstadt dem französisch regierten Königreich Westfalen angehörte und man den Juden per Dekret von 31. März 1808 volle Bürgerrechte zuerkannt hatte. Die jüdische Gemeinde wuchs daraufhin bis zum Jahr 1882 auf ihren Höhepunkt von 100 Mitgliedern. In den folgenden Jahrzehnten schrumpfte die Anzahl von Juden unter anderem durch den Wegzug in Industriegebiete nach der Jahrhundertwende. 1912 bestand die jüdische Gemeinde nur noch aus 60, 1926 aus 39 Mitgliedern. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten emigrierten die meisten von ihnen. 1940 waren es nur noch 14 Juden. Mit dem Abtransport der letzten sechs von ihnen im Jahr 1942 endete die Existenz der Juden. Die jüdische Gemeinde in Heilbad Heiligenstadt war vernichtet.  

Hildburghausen

Die ersten Belege für jüdisches Leben in Hildburghausen stammen aus dem Jahre 1331. Bis in die ersten Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts gibt es weitere Erwähnungen, jedoch nicht über ihren weiteren Verbleib. Vermutlich sind die Juden Mitte des 15. Jahrhunderts vertrieben worden. Im Jahre 1680 genehmigte der Herzog von Sachsen-Hildburghausen, dass in Weitersroda ein Begräbnisplatz errichtet werden darf, der auch von der Kultusgemeinde Hildburghausen verwendet wurde. Dieser Friedhof wurde bis 1885 benutzt.1714 wurde von Herzog Ernst erstmalig ein „Hofjude“ aufgenommen der auch das Wohnrecht bekam.1726 waren bereits zwölf jüdische Familien in der Stadt ansässig. Obwohl sie mehrfach ausgewiesen wurden, kehrten sie wieder zurück wodurch letztlich in Hildburghausen eine selbständige jüdische Gemeinde entstand. Ihre Gottesdienste hielten sie in privaten Räumlichkeiten ab, bis am 30. August 1811 die Synagoge im Hinterhaus des Anwesens des Hoffaktors Simon fertiggestellt wurde. Im Jahre 1844 lebten in Hildburghausen bereits 130 Juden die sich zu einer israelitischen Synagogengemeinde zusammenschlossen. Die noch 118 Mitglieder betragende Gemeinde schrumpfte aufgrund der judenfeindlichen Stimmung von 1910 bis 1933 auf 50 Personen ab. Die letzten verbliebenen Juden wurden deportiert. Die Existenz der jüdischen Gemeinde in Hildburghausen endete.

Ilmenau

Laut Schwierz (2007), sind in Ilmenau erst im 16. Jahrhundert jüdische Einwohner:innen belegt. An ihre Anwesenheit erinnert das „Judentor“ und die „Judengasse“ (später in Weimarer Straße umbenannt). 1555 wurden die Schutzbriefe für die in der Grafschaft Henneberg lebenden Juden und Jüdinnen nicht mehr verlängert. Erst 1870 siedelten sich wieder Juden und Jüdinnen in Ilmenau an. 1880 entwickelte sich eine eigene Kultusgemeinde in der Stadt. Mit den Familien Eichenbronner, Sandler und Gronner kam auch die moderne Verkaufskultur nach Ilmenau. Ihre Kaufhäuser prägten das Ilmenauer Stadtbild, bis zu Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem 2. Weltkrieg. Ihre und weitere Schicksale der jüdischen Einwohner:innen Ilmenaus lassen sich unter den Biogrammen nachlesen.


Literatur:

Borsdorf, Rainer; Frankenberger, Bernd; Macholdt, Christoph (2018): Jüdische Nachbarn in Ilmenau. Unter Mitarbeit von Reinhard Schramm. Ilmenau: Verlag Kern.

Schwierz, Israel (2007): Zeugnisse jüdischer Vergangenheit in Thüringen.