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Friedhof

Ein jüdischer Friedhof, der genutzt oder von Menschen besucht wird, kann schnell an den kleinen Steinen erkannt werden, die Besucher auf die Gräber legen. Sie bedeuten denen, die die Gräber aufsuchen, ein liebendes Andenken, so wie das Blumen auf nicht-jüdischen Friedhöfen zum Ausdruck bringen. Die Steine symbolisieren aber auch Ewigkeit und Unvergänglichkeit. Der Ursprung des alten Brauchs mag vielleicht darin liegen, dass man Gräber durch schwere Steine vor wilden Tieren oder Winderosion schützen und damit die Totenruhe gewährleisten wollte. Jüdische Gräber sollen nämlich für die Ewigkeit erhalten werden, sie dürfen nie eingeebnet werden. Hin und wieder findet man an den Grabsteinen berühmter Persönlichkeiten auch kleine Zettel, die in die Steinritzen gesteckt wurden. Auf ihnen werden Wünsche niedergeschrieben oder auch Gebete. Das Grab von Rabbi Löw in Prag ist ein Beispiel dafür. 

Außerdem findet man oft den [Davidsstern][1], Bildelemente oder hebräische Inschriften auf Grabsteinen. Vor dem Namen des oder der Verstorbenen steht oft „po nitman“ / „po nitmena“ (Deutsch: „hier ist begraben“) oder „po tamun“ / „po tmuna“ (Deutsch: „hier ist geborgen“). Nach dem Namen findet sich häufig eine Abkürzung aus fünf hebräischen Buchstaben, die einen hebräischen Satz aus 1 Sam 25,29 wiedergeben: „Möge seine / ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens.“ Gibt es Bildelemente, weisen sie auf den Namen des / der Verstorbenen hin, so z.B. ein Hirsch oder ein Löwe. Sind segnende Hände abgebildet, handelt es sich um jemanden, der aus der Priesterschaft stammt, also ein „Kohen“ ist. Eine Kanne symbolisiert jemanden, der aus dem Stamm Levi kommt, da zur Zeit des [Tempel][2]s in [Jerusalem][3] die Leviten den Priestern Wasser über die Hände gegossen hatten. 

Friedhöfe werden als „Bet Hachajim“ (Deutsch: „Ort des Lebens“) oder „Bet Haolam“ (Deutsch: „Ort der Ewigkeit“) bezeichnet. Sie sind der Ort für jüdische [Bestattungen][4]und [Trauerriten][4], so z.B. zu Jahrestagen.


[1]: "Davidstern"

[2]: "Tempel"

[3]: "Jerusalem"

[4]: "Beerdigung und Trauerriten"

Gebetsräume

Für die wichtigen Gebete wie auch für das öffentliche Vortragen des wöchentlichen [Tora][1]abschnittes wird ein „Minjan“ vorausgesetzt, d.h. mindestens zehn erwachsene Männer sollen anwesend sein. Den architektonischen Rahmen für diesen Gemeinschaftsgottesdienst bot in der Regel die Gemeinde[synagoge][2]. In Orten, in denen die jüdische Bevölkerung für einen „Minjan“ zu klein war, gab es meistens kein selbständiges Synagogengebäude. Bisweilen wurde stattdessen ein privater Raum eingerichtet, in dem sich die Mitglieder einer oder mehrerer Familien zum Gebet versammeln konnten. Auch in Orten mit Gemeindesynagoge gab es, zunehmend im Spätmittelalter, weitere Gebetsräume in privaten Wohnbauten. Daneben war es nicht unüblich, dass eine „Jeschiwa“ (jüdische [Tora][1]- und [Talmud][3]-Schule) einen eigenen Betraum für die Studenten besaß. Die Einrichtung der Beträume orientierte sich an der der Synagogen. Es galten die gleichen Vorstellungen für eine angemessene Aufbewahrung der Tora, für die Würde des Raumes – beispielsweise sollte es möglichst oberhalb des Betraums keine andere Nutzung wie eine Schlafkammer geben – und für eine entsprechende Gestaltung. Für das Studium unerlässlich waren weitere Bücher, aber auch ausreichend Beleuchtungsmittel, Bänke und Pulte. Grundsätzlich sind die Anforderungen an Beträume in Privatbauten gering, so dass sie sich nach Aufgabe der Nutzung nur selten eindeutig identifizieren lassen. In Thüringen ließ sich bislang allein in Erfurt ein mittelalterlicher Betraum (Mitte 13. Jh.) in einem privaten Gebäude mit einiger Sicherheit nachweisen.


[1]: "Tora"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Talmud"

Granatapfel

Diese Frucht steht für Israel, wächst sie dort doch als einheimische Pflanze. Gefüllt mit Vitaminen A, B und C, Calcium, Eisen, sowie antioxidanten Wirkstoffen wird der Granatapfel als Heilmittel gepriesen und in vielen verschiedenen Speisen verzehrt. 


Seine Bedeutung als symbolische Frucht aber zieht sich von der Antike bis zur Gegenwart und durch die drei verwandten Religionen Judentum, Islam und Christentum hindurch. In der Literatur und in der darstellenden Kunst wird er vielfach genutzt, sein Name gab vielleicht auch der spanischen Stadt Granada ihren Namen.


Warum der Granatapfel solche eine Symbolwirkung hat, ist nicht ganz eindeutig geklärt. Im alten Orient sah man in ihm das Symbol für eine Stadt oder eine menschliche Siedlung. Umgeben von Mauern fühlen sich die Menschen dort von Feinden geschützt, wie auch der Granatapfel die einzelnen Kerne umhüllt und schützt. Ebenso war er ein Symbol für die Fruchtbarkeit, erinnert er doch an eine schwangere Frau, die viele Kinder in ihrem großen Bauch trägt. In der Bibel ist er das Symbol für das verheißene Land Israel (5. Mose / Deuteronomium 8,8) oder für die Haut der Geliebten (Hoheslied 4,3). Manche Jüdinnen und Juden glauben, dass seine etwa 613 Samenkörner den 613 biblischen Geboten entsprechen. Im Islam ist er eine der Paradiesfrüchte. Und die christliche Kirche sieht in ihm die Einheit im Glauben und die Gemeinschaft der Gläubigen.


Zu Rosch HaSchana ist der Granatapfel das Symbol für das neue Jahr, denn seine Kerne stehen für den Wunsch nach vielen guten Taten und glücklichen Momenten, die man sich im neuen Jahr erhofft. Je mehr man davon verzehrt, umso besser...!

Griechisch

Aufgrund geschichtlicher Umstände, Vertreibung und Verfolgung, mussten viele Jüdinnen und Juden schon immer in der Diaspora, d.h. außerhalb von Israel, leben und sich den dortigen Gegebenheiten anpassen. Auch die Alltagssprache war nicht immer Hebräisch, schon gar nicht das biblische [Hebräisch][1], in dem die größten Teile der Hebräischen Bibel / des Alten Testaments geschrieben waren. Eine Sprache, die im antiken Israel um die Zeitenwende herum wichtig wurde, war Griechisch.

Im antiken hellenistischen Einflussbereich bemühte sich die jüdische Bevölkerung, die in der Mehrzahl Griechisch sprach und das Hebräische nur für Rituale und in der [Synagoge][2] benutzte, um eine griechische Übersetzung der Bibel. Es entstand die sogenannte Septuaginta. Der Name der griechischen Bibelübersetzung basiert auf der Legende, dass 70 Männer damit beauftragt waren, die Alte Testament ins Griechische zu übersetzen. Als sie wieder zusammen kamen stellte man fest, dass die 70 Übersetzungen genau deckungsgleich waren. Gott wollte nämlich, dass auch die griechische Übersetzung das autoritative Gotteswort bleibt, will die Legende sagen.

Tatsächlich war Griechisch zu dieser Zeit aber vor allem Alltags- und Handelssprache, mit deren Hilfe sich die jüdische Bevölkerung weit über die Grenzen Israels hinaus verständigen konnte, da auch viele andere Gebiete im Mittelmeerraum zu dieser Zeit von den Griechen regiert wurden. Die Vorherrschaft des Griechischen zu dieser Zeit führte auch dazu, dass das damals entstandene Neue Testament auf Griechisch verfasst wurde.


[1]: "Hebräisch"

[2]: "Synagoge"

Halacha und Agada

In der jüdischen Tradition wird oft zwischen Halacha, der normativen Tradition bzw. den Rechtsvorschriften des Judentums, und der Agada, der nichtgesetzlichen erzählten Tradition, unterschieden. Halacha kommt von dem hebräischen Wortstamm „gehen“; Halachot (Plural) regeln also, wie man als Jüdin oder Jude gehen und leben, sich verhalten soll. Grundsätzlich lässt sich sagen: Alles, was nicht Halacha, Gebotsverständnis und -auslegung ist, ist Agada. Die Halacha ist in ständigem Fluss, weil sie sich an verändernde Umstände und geografische Gegebenheiten anpassen muss. Trotzdem versucht man schon immer, für alle Juden in allen Regionen verbindliche und einheitliche Rechtsgrundlagen zu schaffen. Frühe halachische Werke sind die [Mischna][1], der babylonische [Talmud][2] oder auch die großen Kommentarwerke wie die des Philosophen Maimonides aus dem 12. Jahrhundert. Die Agada beinhaltet rabbinische Texte, Parabeln, Legenden, Diskussionen über Lehrmeinungen, Kabbala, Fabeln, Gedichte, Gebete und volkstümliche Texte, die biblische Texte aufnehmen, umdeuten oder erweitern. Agadische Texte lassen deutlich die Lebenswelt erkennen, in der sie entstanden sind, und sie entstehen auch heute neu, wenn zum Beispiel Feministinnen Texte der Hebräischen Bibel auslegend weiterschreiben. Die Halacha entwickelt sich freilich ebenso weiter, ist jedoch in viel stärkerem Maße an die vorangegangenen [Tora][3] -Auslegungen gebunden.


[1]: "Mischna"

[2]: "Talmud"

[3]: "Tora"

Hals und Beinbruch

Steht gerade das Abitur bevor oder vielleicht eine andere Prüfung? Tritt jemand auf einer Bühne auf? Na dann: „Hals- und Beinbruch!“ Auch diese Redewendung, die den guten Wunsch eigentlich in’s Gegenteil verkehrt, stammt wohl aus der jüdischen Tradition. Im Hebräischen wünscht man sich nämlich „hazlacha we beracha“, im Jiddischen „hatslokhe un brokhe“, was beides so viel bedeutet wie „Erfolg und Segen!“. Vielleicht stammt davon auch die englische Redewendung, die man ebenso wie „Hals- und Beinbruch“ anwendet, wenn man jemandem gerade das Gegenteil wünscht: „Break a leg.“

Hamentaschen

Im biblischen Buch Ester wird erzählt, dass der persische Minister Haman versucht hatte, alle Juden in seinem Reich auszurotten. Ester aber, eine Jüdin, die mit dem persischen König verheiratet war, konnte durch Diplomatie und Geschick die Ränke des Ministers behindern und die Juden retten. Diese Rettung feiern Jüdinnen und Juden beim alljährlichen [Purim][1]fest.

 

Zum Purimfest gehören auch typische kulinarische Spezialitäten wie die sogenannten Hamentaschen. Diese dreieckige Gebäckstücke aus Kuchenteig sind mit Mohn, Früchten, Rosinen, Mandeln oder anderen süßen Zutaten gefüllt. Sie symbolisieren den dreieckigen Hut des persischen Ministers Haman, der von Ester besiegt wurde.


Hier findet sich ein Rezept: de.chabad.org/library/article_cdo/aid/475020/jewish/Hamantaschen-Ein-Backrezept-fr-Purim.htm


[1]: "Purim"

Hebräisch

Von rechts nach links geschrieben? Total abgefahrene, ganz anders aussehende Buchstaben? Keine Groß- und Kleinschreibung? Nur Konsonanten aber keine Vokale wie a, e, i, o oder u? Viele meinen, Hebräisch sei eine Art Geheimsprache, weil sie so ganz anders aussieht und funktioniert als Deutsch oder Englisch. Und dass sie sehr schwer zu erlernen sei. Dabei sprechen und schreiben doch Millionen von Menschen Hebräisch als ihre Muttersprache.  

Hebräisch ist eine semitische Sprache und mit Arabisch, Aramäisch und einigen altorientalischen Sprachen verwandt. Es gab sie schon vor 3000 Jahren. Damals wurde sie zur Sprache des Alten Testament, das vielleicht eher als hebräische Bibel bezeichnet werden kann. Heute bezeichnet man diese älteste Sprachstufe als Althebräisch. Die ältesten Schriftstücke in Althebräisch sind der sogenannte Gezer-Kalender und die Texte auf den Schriftrollen von Qumran, die am Toten Meer gefunden wurden. Etwa um die Zeitenwende, also vor 2000 Jahren, wurde Mittelhebräisch zur Sprache gelehrter Juden, die lange Zeit nur noch in der Liturgie der [Synagoge][1] oder zur Abfassung von gelehrten Texten genutzt wurde. Im Alltag sprach man Aramäisch oder auch Griechisch. Aufgrund von Zerstreuung, [Diaspora][2] und [Verfolgung][3] der jüdischen Bevölkerung und Kultur, gab es eine lange Zeit keine Muttersprachler mehr. Erst im späten 19. Jahrhundert wurde dann von Eliezer Ben-Jehuda Neuhebräisch (Ivrit) entwickelt. Es sollte die alte/neue Muttersprache und die Alltagssprache derer werden, die in einem neu zu gründenden jüdischen Nationalstaat leben sollten. Ben-Jehudas Sohn wurde 1882 geboren und dann auch ausschließlich auf Hebräisch erzogen. Es heißt, dass er das erste Kind seit etwa 2000 Jahren war, dessen Muttersprache Hebräisch war, eben das moderne Hebräisch, dass sein Vater wieder zum Leben erwecken wollte. Natürlich wurden für das Neuhebräische viele Wörter neu geschaffen, 1910 erschien das erste Wörterbuch. 1922 entschied das Hochkommissariat des britischen Mandats für Palästina, dass Hebräisch neben Arabisch und Englisch offizielle Amtssprache dort werden sollte.


[1]: "Synagoge"

[2]: "Diaspora"

[3]: "Schoa / Holocaust"

Hochzeit

Bei der Eheschließung unterzeichnet im [orthodoxen][1] Judentum allein der Bräutigam und im nicht-orthodoxen Judentum sowohl Braut als auch Bräutigam einen Ehevertrag, die Ketuba, im Beisein zweier Zeugen. Danach wird das Paar unter einem Baldachin, der „[Chuppa][2]“, getraut. Zur Trauung gehören Segenssprüche, das Überstreifen eines Rings an die Hand der Braut (im orthodoxen Judentum) oder das Austauschen von Ringen (im nicht-orthodoxen Judentum) sowie das Verlesen des Ehevertrags. Nach weiteren sieben Segenssprüchen unter dem Baldachin zertritt der Bräutigam ein Glas, was an die Zerstörung des [Tempels ][3]in [Jerusalem][4] erinnern soll. Ein ausgelassenes Fest der beiden sich vereinigenden Familien folgt. Im Judentum ist die Scheidung möglich. Sie wird rituell als Scheidungszeremonie durchgeführt und unterscheidet sich von der zivilen Scheidung.


[1]: "Orthodoxes Judentum"

[2]: "Chuppa / Baldachin"

[3]: "Tempel"

[4]: "Jerusalem"

Israelsonntag der Kirchen

Zwischen dem 17. Tammus und dem 9. Aw im jüdischen Kalender findet eine [Trauerperiode][1] von etwa drei Wochen statt, weil in dieser Zeit das jüdische Volk immer wieder von Katastrophen betroffen wurde: nach der Tradition wurden sowohl der erste als auch der zweite [Tempel][2] in [Jerusalem][3] [Jerusalem][3]  586 v.u.Z. bzw. 70 u.Z. am 9. Aw zerstört, außerdem fanden immer wieder [Pogrome][4] und Vertreibungen an diesem Tag statt. Die evangelischen Kirchen Deutschlands beziehen sich ebenfalls auf diese Ereignisse, wenn sie am 10. Sonntag nach Trinitatis (11. Sonntag nach Pfingsten) den „Israelsonntag“ begehen.

Vom Mittelalter bis in die 1960er Jahre hinein wurde dieser Tag „Judensonntag“ genannt. Lukas 19,41-48, das Weinen von Jesus über Jerusalem, war der übliche Lesetext. Dieser Abschnitt des Lukasevangeliums wurde so interpretiert, dass die Juden ihr Heiligtum, den Tempel, als Strafe für die Tötung ihres Messias verloren hatten, darum auch Jerusalem zerstört und das jüdische Volk in alle Welt zerstreut wurde. Früher wurde dieser Tag genutzt, um Juden – als vermeintlich einzig möglicher Weg zu ihrer Rettung – zur christlichen Taufe zu bewegen. Da dieser Weg freilich so gut wie nie gewählt wurde, waren Zwangsbekehrungen und Pogrome die Folge. Heute wird der Israelsonntag als Aufruf zur Buße und Umkehr an die Christen verstanden, die Schuld der Kirchen bei Verfolgung und Ermordung der Juden zu erinnern sowie Antisemitismus und Rassismus entgegen zu treten. Das Neue Testament und die Kirche werden nun als Teile der Glaubensgeschichte von Gott mit Gottes Volk gesehen. Dementsprechend wird jetzt meist Markus 12,28-34 als Evangeliumslesung gewählt, ein Text, in dem Jesus das „Schma Israel“, das Glaubensbekenntnis Israels, bekräftigt. Die liturgische Farbe ist Violett, die Farbe für Buße und die Bitte um Vergebung.


[1]: "Trauerperiode der drei Wochen"

[2]: "Tempel"

[3]: "Jerusalem"

[4]: "Pogrom"

Jad

Zeigestab „Jad“ für die Tora-Rolle

 

Jede jüdische Gemeinde besitzt eine oder mehrere Tora-Rollen, die in der Synagoge im Toraschrein aufbewahrt und zum Lesen zur _Bima_ gebracht werden. Auf der Tora-Rolle ist die heilige Schrift, die übrigens für jüdische und christliche Gläubige gleichermaßen gilt, aufgeschrieben.


Jede Tora-Rolle wird von einem Schreiber (_Sofer_) in Handarbeit und verbunden mit besonderen Gebeten hergestellt. Der Sofer nutzt dafür besondere Tinte, Schreibinstrumente aus Gänse- oder Truthahnkielen, koschere Pergamentbögen aus Rinder- oder Ziegenhaut und vor allem viel Zeit. Jeder der über 300.000 Buchstaben wird mit besonderer Sorgfalt und ohne Fehler geschrieben. Aufgrund der kostbaren Schreibmaterialien und der sorgfältigen Herstellung, aber auch wegen ihrer religiösen Bedeutung, sind Tora-Rollen besonders wertvoll. Sie werden sehr pfleglich behandelt, nur vorsichtig benutzt und nur mit einem Zeigestock (_Jad_) berührt.


Der hebräische Begriff „Jad“ bedeutet „Hand“. Ein Jad, auch Torafinger oder Torazeiger genannt, besteht meist aus einem silbernen Stab, an dessen Ende eine kleine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger angebracht ist. Liest man nun aus der Tora, fährt man nicht mit dem menschlichen Finger über das Pergament, um das jeweilige Wort anzuzeigen, sondern mit dem silbernen Jad. Im christlichen Gebrauch gab es übrigens einen ähnlichen kleinen Zeigestab, der bis in die 1960-er Jahre hinein verwendet wurde: der sogenannte „Digitus“.

Jerusalem

Die Stadt, die auf Hebräisch „Jeruschalajim“ und auf Arabisch „Urschalim al-Quds“ („Jerusalem das Heiligtum“) genannt wird, ist mehr als ein Ort in Israel. In ihr vereinigen sich antike und moderne Kultur, jüdische, christliche, armenische, muslimische und viele andere Lebensweisen. Sie ist der Sehnsuchtsort vieler Menschen. Für Juden ist Jerusalem seit alter Zeit der „Wohnort Gottes“ in Gottes [Tempel][1], der Wirkungsort der Vorfahren Abraham und Sara, der Könige David und Salomon, sowie der zukünftige Heilsort, wenn sich die Welt ihrem Ende zuneigt. Im Alten Testament, der hebräischen Bibel, wird Jerusalem mehr als 600 Mal erwähnt. Dort ist die Stadt das Findelkind, das von Gott aufgezogen wird (Ezechiel 16) oder auch die Braut Gottes (Psalmen). In jeder [Synagoge][2] ist die Wand, die nach Osten bzw. nach Jerusalem zeigt, besonders gekennzeichnet und der Platz für den [Toraschrein][3]; schon die [Mischna][4] hat diesbezügliche Regelungen getroffen. In vielen jüdischen Haushalten bezeichnet ein [Misrach][4] die Gebetsrichtung nach Jerusalem. Vergisst man die Stadt Jerusalem, singt der Beter in Psalm 137,5, so soll die rechte Hand verdorren, Leben also unmöglich sein. Für Muslime ist Jerusalem neben Mekka und Medina die drittheiligste Stadt, wenn sie auch nicht im Koran Erwähnung findet. Am Ort des Felsendomes soll Mohammed in den Himmel aufgebrochen sein, um sich dort mit anderen Propheten zu treffen. Für Christen ist Jerusalem heilig, weil die Stadt eng mit der Lebens- und Leidensgeschichte von Jesus Christus verbunden ist. Im Neuen Testament wird Jerusalem mehr als 100 Mal erwähnt. Erste Erwähnungen von Jerusalem finden sich in ägyptischen Texten aus dem 19. und 18. Jahrhundert v.u.Z., dann auch in den sogenannten Amarna-Briefen aus dem 14. Jahrhundert v.u.Z. Wahrscheinlich bedeutet ihr Name „Stadtgründung des Gottes Schalim“; die Namensdeutung „Stadt des Friedens“ ist eine spätere schöne rabbinische Tradition. Archäologische Funde gibt es schon aus der Kupfersteinzeit zwischen 4500 und 3150 v.u.Z. Frühe biblische Berichte lassen sich oft nicht archäologisch belegen. Laut dem Alten Testament, der hebräischen Bibel, erbaute David oder sein Sohn Salomon in Jerusalem einen Palast und einen ersten Tempel für Gott. Assyrer und Babylonier sowie weitere Volksgruppen versuchten immer wieder, Jerusalem einzunehmen, da die Stadt ein wichtiger Knotenpunkt im goldenen Halbmond war und sich auf wichtigen Handelswegen von Norden nach Ägypten im Süden befand. Der Babylonier Nebukadnezar II. eroberte Jerusalem 597 und 586 v.u.Z. und führte viele Bewohner ins [Exil][5]. In Babylon gründeten sich daraufhin [Diaspora][5]gemeinden, später auch in Ägypten. Der zweite Tempel wurde nach der Eroberung durch die Perser ab dem 6. Jahrhundert v.u.Z. errichtet. Später wechselten sich dort griechische, römische und jüdische Herrscher ab, die den Tempel jeweils ihren Gottheiten weihten. Der zweite jüdische Tempel wurde 70 u.Z. von den Römern zerstört. In Jerusalem entstand eine römische Kolonie, die später zu einer christlichen Stadt umgebaut und ab dem 7. Jahrhundert u.Z. von Byzanz erobert wurde. Später wechselten sich die Herrscher über Jerusalem weiter ab. Jerusalem als Stadt und als Sehnsuchtsort der jüdischen Menschen wird in der Kunst als wichtiges Motiv gesehen und auch in der Literatur und der Musik kommt Jerusalem immer wieder vor.


[1]: "Tempel"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Toraschrein"

[4]: "Mischna"

[5]: "Exil"

Jiddisch

Jiddisch ist eine germanische Sprache, die mit [hebräischen ][1]Schriftzeichen, also von rechts nach links, geschrieben wird. Sie entstand im Zeitraum zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert im südwestlichen Deutschland. Damals fügten jüdische Bevölkerungsgruppen dem Deutschen hebräische Wörter hinzu. Als diese europäischen jüdischen Familien nach Osteuropa aussiedelten, wurden slawische Einflüssen auf das Jiddische stärker. Als die osteuropäischen Juden und Jüdinnen wieder vertrieben wurden, entwickelte sich auch ihre Sprache weiter und nahm das jeweilige Kolorit der neuen Landessprachen auf: das amerikanische Englisch oder auch das in Lateinamerika gesprochene Spanisch. Langsam breitete sich die jiddische Sprache also von Mittel- nach Osteuropa hin aus und danach in die ganze Welt. So wurde es zur Alltagssprache einer großen Bevölkerungsgruppe, ohne dass man Jiddisch jedoch einem bestimmten Land oder Gebiet zuordnen könnte. Anfang des 20. Jahrhunderts sprachen etwa elf Millionen Menschen Jiddisch. Aufgrund der Nazi-Herrschaft und der systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung gab es nach der [Schoa][2] nur noch vier bis fünf Millionen Menschen, die Jiddisch sprachen und auf dem gesamten Erdball verstreut lebten. Heute sind es zwischen 100.000 und einer Millionen. Modernes Hebräisch, Iwrit, das vorwiegend in Israel gesprochen wird, und Jiddisch sind zu unterscheiden. Der Staat Israel entschied sich bewusst für eine Neuschöpfung als Amtssprache, um damit einen Neustart zu symbolisieren. Während man im Deutschen einige Begriffe kennt, die jiddischen Ursprungs sind (z.B. [meschugge][3], [Bammel haben][4], [Dufte][5], [Hals- und Beinbruch][6], [Mischpoche][7], [Schickse][8], [Stuss][9], [Tacheles][10], [Tohuwabohu][11], [Zoff][12]), wird oft vergessen, dass auch große Literatur auf Jiddisch geschrieben wurde. Die literarische Klassik des Jiddischen entstand am Ende des 19. Jahrhunderts, 1978 ging der Literaturnobelpreis an Isaak Singer. Heute bieten wieder einige Universitäten und Kulturinstitute Jiddischkurse an. Auch zeitgenössische Bücher wie die „Harry Potter“ - Serie werden ins Jiddische übersetzt.


[1]: "Hebräisch"

[2]: "Schoa / Holocaust"

[3]: "Meschugge"

[4]: "Bammel"

[5]: "Dufte"

[6]: "Hals und Beinbruch"

[7]: "Mischpoche"

[8]: "„Schickse“"

[9]: "Stuss"

[10]: "Tacheles"

[11]: "Tohuwabohu"

[12]: "Zoff"

Jom Haschoa

Dieser Gedenktag ist neueren Datums und wird seit 1951 in Erinnerung an die Opfer der [Schoa][1] (der Verfolgung und geplanten Judenvernichtung im Dritten Reich) und zu Ehren der Widerstandskämpfer in den Ghettos begangen. Während der Schoa (auch manchmal „Holocaust“ genannt) starben weltweit sechs Millionen Juden. Am Vormittag ertönen in Israel für zwei Minuten lang Sirenen, alle unterbrechen ihre Arbeit und das öffentliche Leben ruht. In der Gedenkstätte Yad Vashem wird an diesem Tag eine Gedenkzeremonie abgehalten.


[1]: "Schoa / Holocaust"

Jom Hasikaron

Der Jom Hasikaron (Deutsch: „Erinnerungstag“) geht der Feier des Unabhängigkeitstages (Jom Ha’azma’ut) voraus. Er erinnert an die gefallenen Soldaten des Unabhängigkeitskrieges von 1948 und an die Opfer des Terrorismus und gehört zu den neueren Feiertagen, die vor allem im Staat Israel begangen werden. Auf den Soldatenfriedhöfen finden Gedenkfeiern statt, ebenso Schweigeminuten für die Gefallenen der israelischen Armee.

Jom Ha‘azma’ut

An diesem Tag feiern Juden auf der ganzen Welt die Ausrufung der Unabhängigkeit des Staates Israel am 15. Mai 1948. Der Jom Hasikaron (Deutsch: „Erinnerungstag“) geht diesem Tag voraus. Dabei gilt jedoch der jüdische Kalender, der Feiertag fällt daher meist nicht mit dem 15. Mai zusammen. Die jüdischen New Yorker Musiker „The Maccabeats“ verarbeiten das Thema in „Yom Haatzmaut“, einem ihrer weniger bekannten Songs. Dieser enthält originale Filmausschnitte, die die damalige Erklärung der Unabhängigkeit sowie frühes Filmmaterial aus Israel zeigen. Die Liedzeilen sind an den Text der Unabhängigkeitserklärung angelehnt.

Jom Jeruschalajim

Der „Jerusalemtag“ ist ein neuer jüdischer Feiertag und erinnert an die Befreiung und Wiedervereinigung der Stadt Jerusalem im Jahre 1967. Damals hatte die israelische Armee im sogenannten Sechs-Tage-Krieg die Armeen Ägyptens, Jordaniens und Syriens besiegt, die geteilte Stadt wurde wieder vereint. Die sogenannte Klagemauer (= Westmauer des einstigen Tempels als dessen letztem baulichen Rest) kam zusammen mit der Altstadt Jerusalems unter israelische Kontrolle. Eine Ausnahme ist der Tempelberg selbst, dessen Verwaltung kurz nach der Eroberung Jerusalems der islamischen Religionsbehörde „Waqf“ übertragen wurde.

Jom Kippur

Auf [Rosh Ha-Shana][1] folgen zehn Bußtage, die mit Jom Kippur, dem Versöhnungstag, enden. In der jüdischen Tradition ist dies der wichtigste Feiertag des Jahres, denn an ihm wird die Sünde der Menschen von Gott vergeben. Der Versöhnungstag ist von Gedanken und Gebeten von Reue, Buße, Umkehr und eben Versöhnung mit Gott geprägt. Wer Jom Kippur traditionell feiert, fastet an diesem Tag. Auch die Körperpflege (mit Ausnahme des Benetzens der Hände und der Augen) wird unterbrochen. Vor dem [Synagoge][2]nbesuch entzündet man zu Hause ein Licht, das an die Verstorbenen erinnern soll und 24 Stunden lang brennt. Alle Gewänder und auch die Ausstattung der Synagoge sind in Weiß gehalten. Der gemeinsame Abendgottesdienst beginnt mit den Anfangsworten „Kol Nidre“, zu Deutsch „Alle Gelübde […]“, es folgt eine Erklärung, dass alle Gelübde und Schwüre nun nichtig sind. Die gesamte Nacht und der darauffolgende Tag sind dann verschiedenen Gebeten und Ritualen gewidmet. Zum Ende des eintägigen Fasten-Festes wird der Mondsegen im Freien erteilt. Es folgt das Fastenbrechen, das sogenannte „Anbeißen“, mit einem festlichen Mahl und Wünschen für ein gutes Jahr. 


[1]: "Rosch HaSchana"

[2]: "Synagoge"

Judeneid

Der Begriff bezeichnet eine Eidesformel für Juden, aufgezeichnet auf einem Stück Papier oder einem Dokument, mit deren Hilfe mittelalterliche Juden einen Schwur vor Gericht ablegen konnten. Damals schwor man im christlichen Kontext auf das Neue Testament oder auf den Namen Jesu Christi, was aber den Juden nicht möglich war. Daher wurde für die nichtchristliche Bevölkerungsgruppe der Juden im Mittelalter ein besonderes Eidformular benötigt. Der älteste Judeneid aus dem Mittelalter hat sich in Erfurt erhalten.

Kantor / Kantorin

Der Chasan, „der Vorsänger“ oder Kantor, empfängt im Gottesdienst der [Synagoge][1]  zusammen mit dem [Kore][2] und dem [Rabbiner][3] oder der [Rabbinerin][3] die [Torarolle][4], die aus dem [Toraschrein][5] genommen wurde, an der [Bima][6]. Er oder sie hat dann die Aufgabe, aus der Torarolle vorzulesen bzw. im Sprechgesang vorzutragen. Die ersten Kantoren werden schon im römischen Reich erwähnt. Dort stellte diese Funktion eine ehrenhafte Aufgabe dar, die dem Gemeindeleiter gleich kam. Belege ab dem 9. Jahrhundert erwähnen vor allem seine musikalische Tätigkeit. Im Mittelalter wurde die Rolle des Kantors oft vom Vater auf den Sohn übertragen, und auch heute noch sind die Namen einiger bekannter Kantorenfamilie überliefert. Neben einer schönen Stimme gehören auch die genaue Kenntnis der Liturgie, der hebräischen Sprache und eine untadelige Lebensführung zu den Charakteristika eines Kantors oder einer Kantorin. Ausbildungsstätten für Kantoren und Kantorinnen gibt es vor allem in Israel, in den USA, in Großbritannien, aber auch in Deutschland. Hier bildet das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam Kantoren und Kantorinnen aus. In liberalen Gemeinden können auch Frauen das Kantorenamt bekleiden. Sie werden dann Chasanot genannt.


[1]: "Synagoge"

[2]: "Baal Kore"

[3]: "Rabbiner / Rabbinerin"

[4]: "Tora"

[5]: "Toraschrein"

[6]: "Bima"