Konservatives Judentum
Das Judentum ist in seinen Strömungen so bunt wie vielfältig. Das Konservative Judentum (Conservative Judaism) entstand im 19. Jahrhundert aus dem amerikanischen Reformjudentum und siedelt sich zwischen dem [orthodox][1]en und dem Reformjudentum an. Ihr Ziel war es, Gesetze und Praktiken des orthodoxen Judentums den modernen Lebensweisen von Juden anzupassen. Im deutschsprachigen Raum wird es eher zum liberalen Judentum gezählt, in Israel nennt man es „masorti“,_ _„traditionell“. Der [Rekonstruktionismus][2] entstand aus dieser Bewegung heraus. Juden, die dem Konservativen Judentum angehören, glauben, dass die schriftliche ([Tora][3]) und die mündliche Überlieferung ([Talmud][4]) des Wortes Gottes nicht direkt von Gott am Berg Sinai an die Menschen übermittelt, sondern über einen langen Zeitraum von Menschen entwickelt wurden. Mit den Methoden der wissenschaftlichen [Exegese][5] können die heiligen Schriften ausgelegt werden. Die Regeln des Judentums, die „Halacha“, werden im Konservativen Judentum wert geschätzt, sollen aber den jeweils neuen Zeiten angepasst werden. Die meisten Mitglieder dieser Bewegung halten die Speisegebote ([koscher][6]e Lebensweise) und die Regeln zum Schabbat ein, allerdings werden viele diesbezügliche Regeln etwas milder ausgelegt. Mann und Frau gelten als gleichwertig, seit 1984 können auch Frauen Rabbinerinnen werden. In den USA entwickelte sich das Jewish Theological Seminary zur wichtigsten Ausbildungsstätte des Konservativen Judentums. In den Vereinigten Staaten befinden sich auch die meisten Gemeinden. Nach Israel kam die Bewegung in den 1970er Jahren durch Auswanderung amerikanischer Rabbiner. Das Oberrabinat des Staates Israel erkennt Übertritte zum Judentum nach konservativen Regeln nicht an. In Deutschland gibt es wenige Gemeinden dieser Richtung in Berlin, Hamburg und in Weiden in der Oberpfalz.
Liberales Judentum / Progressives Judentum / Reformjudentum
Das Liberale Judentum ist ein Paradebeispiel für die bunte Vielfalt der Strömungen im Judentum, die regional unterschiedlich und aus den jeweiligen geschichtlichen Voraussetzungen heraus entstanden sind. Die Ursprünge dieser Bewegung liegen in Deutschland und gehen hier u.a. auf Abraham Geiger zurück. Heute gibt es verschiedene Reformgruppen oder auch liberale oder progressive Gruppen, die sich unter einem Dachverband, der Weltunion für progressives Judentum, vereinen. Mitglieder dieser verschiedenen Gruppen unterteilen die Gebote des Judentums in ethische und rituelle Gesetze. Erstere werden als zeitlos verstanden, letztere als etwas, was den jeweiligen Umständen angepasst werden muss. Anders als in der [Orthodoxie][1] versteht man Offenbarung nicht als einmalig und unveränderlich ([Tora][2]) sondern als ständig stattfindender Dialog zwischen Gott und den Menschen. Wie im [Konservativen Judentum][3] können die heiligen Schriften durch wissenschaftliche Methoden wie die [Exegese][4] ausgelegt werden. Die Liturgie der liberalen Gemeinden ist eine Mischung aus Hebräisch und der jeweiligen Landessprache, Musikinstrumente sind erlaubt. Mann und Frau werden als gleichberechtigt verstanden, Frauen können heute selbstverständlich Rabbinerinnen werden. In den USA hat die Richtung des „Reform Judaism“ die meisten Mitglieder, dort werden Kinder als jüdisch anerkannt, wenn sie nur eine jüdische Mutter oder nur einen jüdischen Vater haben. In Deutschland gibt es rund 20 liberale Gemeinden. Auch das Abraham-Geiger-Kolleg, ein Rabbinerseminar, rechnet sich dieser Bewegung zu. Im Staat Israel hingegen bildet das Liberale Judentum eine verschwindend kleine Minderheit.
Orthodoxes Judentum
Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern „orthos“ (richtig“) und „doxa“ (Lehre) zusammen, folgerichtig verstehen sich orthodoxe Juden als „der richtigen Lehre angehörend“. Der Begriff entstand im 19. Jahrhundert in Abgrenzung zum damals entstehenden Reformjudentum. Im heutigen orthodoxen Judentum wird zwischen modern-orthodox und ultraorthodox unterschieden, wobei die Entwicklungslinien innerhalb der Orthodoxie nicht gerade verlaufen. So wird zum Beispiel der Rabbiner Samson Raphael Hirsch, der im 19. Jahrhundert die neo-orthodoxe Bewegung gründete, von beiden modernen orthodoxen Strömungen als Inspiration in Anspruch genommen. Das orthodoxe Judentum orientiert sich an [Tora][1] und [Talmud][2], also der schriftlichen und mündlichen Lehre, die das Judentum begründet. Das rabbinische Judentum wird als die Instanz verstanden, die das Wort Gottes auf die jeweils moderne Zeit hin interpretiert und es Juden und Jüdinnen ermöglicht, ihr ganzes Leben als Gottesdienst zu verstehen und zu entfalten. Vielfältige religionsgesetzliche Vorschriften, die „Halacha“, bestimmen den Tagesablauf und alltägliche Entscheidungen zu Fragen der Ernährung ([koscher][3]), der Führung des Haushalts, der Rollen von Frau und Mann, der Kindererziehung, der Kleidung und Haartracht, der einzelnen Rituale, die man in Gemeinschaft und individuell einhält und durchführt. Nach orthodoxem Verständnis ist man dann ein Jude, wenn man von einer jüdischen Mutter geboren wurde oder nach den Regeln der Orthodoxie zum Judentum übergetreten ist.
Rekonstruktionistisches Judentum
Das Judentum ist in seinen Strömungen bunt und vielfältig und auch regional verschieden. So entwickelte sich das Rekonstruktionistische Judentum aus dem [Konservativen Judentum][1] (Conservative Judaism), das selbst im 19. Jahrhundert aus dem amerikanischen [Reformjudentum][2] entstand und sich zwischen demorthodoxen und dem Reformjudentum ansiedelt. Der Rabbiner Mordechai Menahem Kaplan begründete die Bewegung in den 1930er Jahren. Heute gehören ihr etwa 1% der Juden an, die vor allem in den USA leben. Ihr Dachverband ist die „Jewish Reconstructionist Federation“, die etwa 100 Gemeinden und Gruppen umfasst.
Im Rekonstruktionismus wird das Judentum nicht als Religion verstanden, sondern als religiöse Zivilisation, die Regeln und Rituale umfasst, aber auch Literatur, Musik, Kunst, Sprache usw. Die [Tora][3] sei nicht, wie [orthodox][4]e Juden glauben, durch göttliche Offenbarung zu den Menschen gekommen, sondern sei durch die Menschen selbst entstanden. Jede Gemeinde und jeder Jude/jede Jüdin soll nun die Tradition neu studieren und auf sich anwenden. Im Rekonstruktionistischen Judentum sind Männer und Frauen gleichberechtigt, seit 1974 werden dort auch Frauen ordiniert. Die erste geschlechtergerechte Liturgie, die Gott nicht nur mit männlicher Sprache benennt, entstand in dieser Bewegung.
[2]: "Liberales Judentum / Progressives Judentum / Reformjudentum"
Ultraorthodoxes Judentum
Im heutigen [orthodoxen Judentum][1] wird zwischen modern-orthodox und ultraorthodox unterschieden. Das orthodoxe Judentum orientiert sich an [Tora][2] und [Talmud][3], also der schriftlichen und mündlichen Lehre, die das Judentum begründet. Das rabbinische Judentum wird als die Instanz verstanden, die das Wort Gottes auf der Grundlage der Überlieferung interpretiert und es so Juden und Jüdinnen ermöglicht, ihr ganzes Leben als Gottesdienst zu verstehen und zu entfalten. Vielfältige religionsgesetzliche Vorschriften, die Halacha, bestimmen den Tagesablauf und alltägliche Entscheidungen zu allen Fragen des Lebens. Das ultraorthodoxe Judentum ist die konservativste Richtung des Judentums. Es entstand im 19. Jahrhundert als Reaktion auf vielfältige Reformbemühungen in Mittel- und Osteuropa. Ultraorthodoxe Juden sind schon an ihrem Kleidungsstil erkennbar. Sie leben eher abgeschieden von der modernen Welt, lehnen modernes weltliches Wissen ab und folgen oft einem geistlichen Oberhaupt. Einige wenige Gruppierungen lehnen sogar den Staat Israel ab und glauben, dass nur der Messias den jüdischen Staat wiedererrichten kann. Andere beteiligen sich an der israelischen Politik. In Israel verbringt ein Großteil der ultraorthodoxen Männer seine Zeit mit dem Studium der heiligen Schriften und geht keiner Erwerbsarbeit nach. Finanzielle Hilfe für sie und ihre meist großen Familien kommt von Spendern und vom Staat, gleichwohl leben viele ultraorthodoxe Familien in Armut. In Israel sind etwa 10 Prozent der Bevölkerung ultraorthodox, ihre Zentren befindet sich in den Ortschaften Bnei Brak und Beit Schemesch sowie im Jerusalemer Stadtteil Mea Schearim. Auch in den USA und Kanada gibt es große ultraorthodoxe Gruppierungen, weniger in Europa.