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Bammel

Jemand, der „Bammel hat“, fürchtet sich vor etwas, vor einer Prüfung zum Beispiel oder vor einem Bewerbungsgespräch. Der Ausdruck kommt wahrscheinlich aus der hebräischen Sprache, wo Baal Emah „der Furchtsame“ bedeutet. Über das Jiddische oder das Rotwelsche kam dieser Begriff dann wohl in die deutsche Sprache. „Massel haben“ wäre dann das Gegenteil von „Bammel haben“ und bezeichnet das unverhoffte Glück. Eine andere Erklärung verbindet „Bammel“ mit „baumeln“ und dem Hin- und Herschwingen einer Glocke, das dann auf das menschliche Herz übertragen wurde, welches hin- und herschwingt, wenn es nervös ist oder Angst hat. Dieser zweiten Möglichkeit schließt sich übrigens auch der Duden an.

Dufte

Bevor „cool“ cool war und 2016 „fly sein“ zum Jugendwort des Jahres gekürt wurde, sagte man „dufte“. Dufte bedeutet gut, großartig, prächtig, schön, attraktiv. Ähnliche Bedeutungen haben die moderneren Begriffe „cool“ und „fly sein“,, die aus der englischen Sprache stammen.   Stark verbreitet war und ist der Begriff im Berliner Raum und in Norddeutschland. Wahrscheinlich stammt er jedoch aus dem Jiddischen und leitet sich vom Hebräischen „tov“, zu Deutsch „gut“ ab.  Im 19. Jahrhundert trat er im  Berlinerischen auf und bald danach in ganz Deutschland. Jetzt eher ungebräuchlich unter jüngeren Menschen, nutzt es der Rapper „Summer Cem“ in seinem Lied „Nike Airs“ wieder und singt: „heut‘ bau ich ein Haus für sie, denn uns geht es dufte“.

Einen guten Rutsch

Seit ungefähr 150 Jahren wünscht man sich im deutschen Sprachgebiet zum Neuen Jahr einen „guten Rutsch“. „Gut Rosch“ - das sagt man manchmal auch unter den jiddisch sprechenden Juden zum jüdischen Neujahrsfest [Rosch HaSchana][1], das in unseren Breiten im Herbst stattfindet.  Dabei bezieht sich „Rosch“ auf den Kopf, den Beginn des Jahres. „Rosch HaSchana“ heißt also „Kopf“, d.h. „Anfang des Jahres“. Wer nicht Jiddisch, sondern Hebräisch spricht, wünscht sich zum Neujahrsanfang „Shanah Tovah“: „Ein gutes (neues) Jahr!“.   Es wird oft vermutet, dass der „gute Rutsch“ in der deutschen Sprache vielleicht tatsächlich aus dem Jiddischen kommt. Aber ist das so? Oder vielleicht anders herum: wünscht man sich im Jiddischen „Gut Rosch“ im Sinne von „Ich wünsche dir einen guten Rosch HaShana - Feiertag“? Oder kommt „Rutsch“ von „Reise“, sodass der Wunsch „Einen guten Rutsch“ eigentlich „eine gute Reise“ bedeutet?


[1]: "Rosch HaSchana"

Hals und Beinbruch

Steht gerade das Abitur bevor oder vielleicht eine andere Prüfung? Tritt jemand auf einer Bühne auf? Na dann: „Hals- und Beinbruch!“ Auch diese Redewendung, die den guten Wunsch eigentlich in’s Gegenteil verkehrt, stammt wohl aus der jüdischen Tradition. Im Hebräischen wünscht man sich nämlich „hazlacha we beracha“, im Jiddischen „hatslokhe un brokhe“, was beides so viel bedeutet wie „Erfolg und Segen!“. Vielleicht stammt davon auch die englische Redewendung, die man ebenso wie „Hals- und Beinbruch“ anwendet, wenn man jemandem gerade das Gegenteil wünscht: „Break a leg.“

Meschugge

„Bist Du meschugge?“ heißt „Bist du verrückt?“ Der Begriff kommt aus dem Jiddischen (meschuggo) und dem Hebräischen (meschuga) und wurde wahrscheinlich im 19. Jahrhundert in’s Deutsche übernommen. Zuerst trat das Wort in Berlin und anderen Großstädten auf, verbreitete sich dann aber schnell weiter über den gesamten deutschen Sprachraum. Auch in der Literatur kommt er vor, und zwar vor allem in der humoristischen. Es bezeichnet einen Zustand der Verrücktseins, der aber nicht immer dauerhaft ist. Manchmal kann er auch eher liebevoll angewendet werden, wie zum Beispiel im Titel des Kinderfestivals „Meschugge“, das jährlich in Thüringen stattfindet. Wie dieser und andere Begriffe wie „eine Meise haben“ oder „nicht alle Tassen im Schrank haben“ in die deutsche Sprache einwanderten, beschreibt Christoph Gutknecht in seinem Artikel „Wenn’s am deutschen Verstand hapert, helfen jddische Begriffe“, der 2012 in der Jüdischen Allgemeine erschien:

Mischpoche

„Mischpoche“ oder „Mischpoke“ ist ein Begriff der Umgangssprache und bezeichnet eine  „Familie“ oder auch eine „Gemeinschaft“. Das entspricht dem wertfreien hebräischen Wort „Mischpacha“, das auch im Jiddischen verwendet wird. Wie viele jiddische Worte wurde aber auch dieses abwertend im 19. Jahrhundert in die deutsche Sprache übernommen und hat deshalb oft einen bitteren Beigeschmack. Dann bedeutet es „üble Gesellschaft“ oder „Bande“. Leistet ein solcher Begriff, wenn er bewusst oder unbewusst abwertend benutzt wird, ein Beitrag zur Judenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft? Dieser Frage ist der Journalist Ronen Steinke in seinem Buch „Antisemitismus in der Sprache: Warum es auf die Wortwahl ankommt“ nachgegangen.   

Stuss

„Rede doch keinen Stuss!“ Auch das umgangssprachliche und abwertende „Stuss erzählen“ ist ein Beispiel dafür, wie sich ursprünglich hebräische Wörter über das Westjiddische und die deutsche Sprache hinein entwickelt hat. „Stuss erzählen“ heißt „dummes Zeug erzählen“. Der Begriff leitet sich vom hebräischen Wort Schtut ab, was „Irrsinn“ und „Narrheit“ bedeutet.

Tacheles

„Jetzt red‘ doch mal Tacheles!“ heißt „Rede nicht um den heißen Brei herum, sei offen und ehrlich!“   Der Begriff kommt aus dem Jiddischen und dem Hebräischen, und zwar vom Begriff tachlit, „Zweck“. Es bezeichnet das „zweckmäßige Reden“.  Wann der Begriff in’s Deutsche übernommen wurde und wie es sich verbreitete, ist nicht ganz klar. Heute wird „Tacheles“ oft in den Medien benutzt, wenn jemand ausdrücken will, dass eine Sendung oder eine Institution unverblümt offen ist. So gibt es eine Radiosendung im Deutschlandradio Kultur, ein Theater in Aachen, eine Wochenzeitung in der Schweiz und Rockbands und Cafes, die so heißen.

Tohuwabohu

Ein großes Durcheinander ... wenn man das beschreiben will, sagt man manchmal „ein großes Tohuwabohu“. Der Begriff kommt direkt aus der hebräischen Bibel, dem Alten Testament. Dort heißt es in 1. Mose 1,1-2, dem Buch Genesis bzw. dem ersten Buch der [Tora][1]: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war _tohu wa-bohu._“ Aber was heißt der hebräische Begriff _tohu wa-bohu? _Von Martin Luther als „wüst und leer“ übersetzt, sagen manche modernere Bibelübersetzungen auch „formlos und leer“. Allerdings handelt es sich, grammatisch gesehen, um ein sogenanntes Homoioteleuton, einen kunstvolle Wiederholung von Wörtern, die dieselbe Wortendung aufweisen. Die sehr sprachsensiblen Übersetzer der hebräischen Bibel Martin Buber und Franz Rosenzweig haben deshalb Tohuwabohu mit „Irrsal und Wirrsal“ übertragen.


[1]: "Tora"

Zoff

Ärger, Streit und Zank - das passiert, wenn man mit jemandem „Zoff hat“. Auch dieser Begriff stammt aus dem Jiddischen und dem Hebräischen. Manche Forscher meinen, dass er vom Hebräischen „sof“ = Deutsch „Ende“ kommt, andere führen ihn auf Hebräisch „sa’af“ = Deutsch „Zorn“ zurück. Was passiert, wenn man Ärger, Streit, Zank und Zoff hat? Die Dinge nehmen ein böses Ende. Wer mehr über die bekanntesten Redewendungen mit jiddischem Ursprung wissen will, kann in der Liste von Bastian Sick, bekannt durch das Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“, nachlesen.

„Schickse“

„Schickse“ ist ein abwertendes Wort für eine nicht-jüdische Frau. Der Begriff stammt vom hebräischen Wort für „unrein“ ab und sollte sicherlich unterstreichen, dass nur jüdische Mädchen für Heirat und Familiengründung in Frage kommen. Über das [Jiddische][1] und [Rotwelsche][2] gelangte das Wort dann auch in die deutsche Sprache und wird dort ausschließlich negativ verwendet, so u.a. für attraktive Frauen, die die Männer in Versuchung bringen oder auch stark geschminkte Frauen. Im Englischen benutzt man es oft mit einem Augenzwinkern, so ist eine „shiksa princess“ attraktives und leicht eingebildetes blondes Mädchen nicht-jüdischer Abstammung. Und auch in Deutschland setzt sich inzwischen eine positiv konnotierte Bedeutung durch. So nennt sich eine Gruppe von weiblichen Fans des BVB „Die BVB-Schicksen“.


[1]: "Jiddisch"

[2]: "Rotwelsch"